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Aus Sicht der Gegner: "Die größten Schädlinge im Deutschen Volke"

Während sich die Arbeiter für die freie Entfaltung von Sport und Körperkultur einsetzten, schlug ihnen von anderen politischen Richtungen starker Gegenwind entgegen. Im „Deutschen Turnerbund 1919“ sammelte sich das Deutsch-Nationale Lager. Auch in den Vereinen des Turnerbundes stand Politik an der Tagesordnung, wenn auch anderer Prägung.

Die Teilnehmer von Nachwuchswettbewerben mussten in den 1920er Jahren nicht nur sportliche Leistungen bringen, sondern auch Wissens-Fragen beantworten. 1925 lautete eine von 12 Fragen, die Teilnehmer an Vorarlberger Landesbewerben des Turnerbundes beantworten mussten: „Welches sind die größten Schädlinge im deutschen Volke und warum?“. Die in einem eigenen Rundschreiben bereits vorgefertigte Antwort lautete: „Vor allem sind es das immer wachsende Judentum, das uns unserer Volkseigenart beraubt […] und das häßlichste, die Parteisucht, di allle guten Bestrebungen im Keime vernichtet und uns im Inneren zu Knechten und nach Außen hin zu Sklaven fremder Völker vorbereitet[1]. Letzteres bezog sich auf die Sozialdemokraten und den von ihnen vertretenen „Internationalismus“. Wer die Frage nicht richtig beantwortete, konnte vom Wettkampf ausgeschlossen werden.

 

Neben den Deutschnationalen entstand auch eine christlich-deutsche Turnerschaft, die sich an die christlich-soziale Partei und die katholische Kirche anlehnte. Auch sie lehnte die politische Arbeiterbewegung ab und verurteilte den roten „Internationalismus“.

 

In der Gegnerschaft zu ihren Idealen vermuteten die Sozialdemokraten auch eine grundsätzliche Gegnerschaft zu den republikanischen Prinzipien. Die Angst vor einem Putsch gegen die Republik und die damit verbundenen sozialen Errungenschaften ließen die Sozialdemokraten in eine noch schärfere Gegnerschaft zu den politischen Gegnern treten. „In der Zeit des Hochkapitalismus und Militarismus nimmt nun die Turn- und Sportbewegung in jedem Staat jene Richtung, wie sie dem Bedürfnis der herrschenden Klasse entspricht! Das Heer wird Gewaltinstrument der Herrschenden überall. Die herrschenden deutschen Schichten des Bürgerstandes turnen und bilden weiter das Herrengefühl, das Gefühl der Überlegenheit über die ausgebeuteten Klassen und Volksteile. Der schwerarbeitende, ausgebeutete Arbeiter hatte demgegenüber weder Zeit noch Kraft, noch politische Möglichkeit, er blieb eben „nur ein Arbeiter. Wenn also der „Deutsche Turnerbund 1919“ den deutschen Geist der Vorkriegszeit wieder aufleben lassen will, so ist es der Versuch, eine Volks- und Gewaltbewegung zu organisieren, die den Geist der Vorkriegszeit kennzeichnet. Daher rührt auch der Widerwille der „Bürgerlichen“ gegen die Republik vom 12. November 1918, die der Arbeiterklasse durch den Achtstundentag, den Arbeiterurlaub usw. die Zeit zum „Turnen“ und einiges andere gab.[2]

[1]     Czerny, Ernst: Das Wehrturnen. Wien 1925, 13

[2]     Czerny, 19


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