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Der Präsident im Interview

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Im Jänner 2014 wurde Hermann Krist, Nationalratsabgeordneten und SPÖ-Sportsprecher im Parlament, als sechster Präsident der ASKÖ Bundesorganisation, dem Zentralen Führungsorgan der Arbeitersportbewegung, gewählt. Gemeinsam mit den Vizepräsidenten Gerhard Widmann (Finanzen), Christian Hinterberger (Sport), Petra Huber (Fitness und Gesundheitsförderung), Christoph Schuh (Marketing) sowie Generalsekretär Michael Maurer hat sich Hermann Krist daran gemacht, den Verband weiter zu entwickeln und für die Aufgaben der Zukunft bereit zu machen. Wie, das erklärt er im Folgenden.

Hermann, was bedeutet es für dich, ASKÖ Präsident zu sein?

„Wenn man sich die lange Geschichte des Arbeitersports ansieht, dann erkennt man, dass es immer wieder große gesellschaftliche Veränderungen gegeben hat, auf die sich unsere Sportorganisation jeweils einstellen musste. Egal, ob es die schlechten Lebensbedingungen für die arbeitenden Menschen vor 125 Jahren, die beiden Weltkriege, die Zeit im Untergrund oder die Aufbruchsstimmung der letzten Jahrzehnte waren. Immer hat die Arbeitersportbewegung Antworten gefunden und hat sich im wahrsten Sinne des Wortes nicht unterkriegen lassen. Worauf man bei der Recherche der Vergangenheit immer wieder stößt, ist, dass wir aber nicht nur reagiert, sondern aktiv zu einer gedeihlichen Entwicklung der Gesellschaft viel beigetragen haben. Denken wir an die Arbeiterturner, die den Menschen Freude in der kargen Freizeit aber auch mehr Fitness für den schweren Arbeitsalltag gegeben haben. Denken wir an die Arbeiterradfahrer, die in den Gasthäusern des Landes erste Servicestellen für Pannen eingerichtet haben. Oder denken wir an die Naturfreunde, die von Anbeginn für Wanderwege oder Sicherheit in der Bergwelt verantwortlich zeichnen. Das alles ist für uns in der heutigen Zeit das klare Signal, weiter die gesellschaftlichen Entwicklungen zu beobachten und zu schauen, wie sich Sport und Bewegung positiv einbringen können.

Ich bin der festen Überzeugung, dass sich unser Land ohne die Interessensvertretung der Sportverbände und die lokalen Sportvereine nie so prächtig entwickeln hätte können. Die Beteiligung von Menschen in den Sportorganisationen – aktiv als SportlerIn oder organisierend in der FunktionärInnen-Tätigkeit - brachte unserer Gesellschaft bisher einen derart großen Benefit, den wir auch in Zukunft aufrecht erhalten wollen, nein müssen.

Was kommt auf den Verband zu?

Wenn ich vorher von gesellschaftlichen Veränderungen gesprochen habe, dann muss man feststellen, dass derzeit - wieder einmal - eine sehr große stattfindet. Österreich hat die Entwicklung zum Wohlfahrtsstaat hinter sich, es gibt zum Glück kaum mehr Unterschiede von Arbeitern und  Angestellten. Aber zur Zeit müssen alle Gesellschaftsbereiche mehr damit kämpfen, das erreichte Niveau zu halten, als es weiter auszubauen. Beispiele: die öffentlichen Förderungen stagnieren gesamt oder zurück gehen. Dazu kommen neue Gesetze und Regelungen, die den Sport umfassen und auch belasten. Beispiele sind die Registrierkassenpficht oder die PRAE (=pauschale Reiseaufwandsentschädigung). Oder denken wir daran, dass die Technisierung in allen Lebensbereichen nicht mehr aufzuhalten ist. Dem müssen wir uns auch stellen. Im Sport selbst ist eine immer stärkere Polarisierung zwischen dem immer kommerzieller werdenden Spitzensport und dem Breitensport festzustellen, ohne dass sich die meisten Leute darüber im Klaren sind, dass das eine oder das andere nicht geht. Sport und Bewegung ist mittlerweile für alle Lebensbereiche offen, daher sind auch Angebote für alle zu stellen. Von der Notwendigkeit, unsere Kinder in der Schule zu bewegen, damit Übergewicht und Fettsucht nicht noch mehr zunehmen und ein sportlich-aktives Leben verhindern, möchte ich gar nicht lange sprechen.

All dies zeigt auf, dass wir sehr viel zu tun haben, um den Verband so zeitgemäß aufzustellen, damit unsere Vereine weiterhin einen Zulauf von sportbegeisterten Menschen bekommen können.

Was waren die ersten Schritte, als du Präsident wurdest?

Wir haben sehr darauf geachtet, dass wir eine bessere Gremienstruktur bekommen und die Öffentlichkeitsarbeit vorangetrieben wird. Mir ist klar: wenn wir uns intern nicht gut abstimmen und wenn wir nach außen nicht gut darstellen, was wir leisten, werden ein Sport-Dachverband wie die ASKÖ und ihre Zentralen Vereine nicht mehr als wichtig angesehen. Daher haben wir z.B. 2015 die Bundesgeschäftsstelle mehr ins Wiener Zentrum verlegt um näher an den Entscheidungsträgern zu sein. Gleichzeitig sind wir mit den Präsidiumssitzungen und Tagungen wieder mehr in die Bundesländer gegangen, um unsere Präsenz dort auch zu erhöhen. Wir haben die Verbandszeitung „move“ erneuert, sind in die sozialen Medien gegangen und haben den Kontakt zu wesentlichen Medien verbessert. Mit dem Frühlingsfest der ASKÖ sind wir zudem der Tradition meiner Vorgänger gefolgt, die ASKÖ auch als gesellschaftlichen Treffpunkt zu positionieren. Wir haben auch die Vertretung der ASKÖ in Sportgremien wie BSO, ÖOC, ÖPC verstärkt und gemeinsam mit den anderen beiden Dachverbänden de Fit Sport Austrian GmbH als gemeinsame Plattform für gesundheitsorientierte Bewegung gegründet.

Wie stellt sich die Situation in Richtung 2018 und die Folgejahre auf ?

Der 2014 neu gewählte Vorstand hat ungemein viel unternommen,  zustande gebracht und in die Wege geleitet. Aber in vier Jahren kann man einen so großen Verband wie die ASKÖ nicht komplett verändern. Wir verfügen über ein riesiges Netzwerk, die Entwicklungen können daher aber nicht von einen Tag auf den anderen erfolgen, sondern müssen intern gut vorbereitet und Schritt für Schritt umgesetzt werden. Zudem wurden einige aus der Vergangenheit offen Themen bereinigt und haben wir es schon mit der zweiten Fördergesetz-Novelle seit 3 Jahren zu tun. Das hat viele Zeitkapazitäten gebunden. Natürlich ist man da nicht immer zufrieden, aber ich darf erfreut feststellen, dass wir – da meine ich auch das Bundespräsidium mit allen Vertretern der Landesverbände und Zentralen Vereine - insgesamt an einem Strang ziehen. Die Spitzenfunktionäre und die MitarbeiterInnen in Bundes- und Landesverbänden wollen gemeinsam den Arbeitersport neu definieren und fit für die nächsten Jahrzehnte machen. Viele Ideen wurden dafür 2016 bei der durchgeführten Zukunftskonferenz eingebracht.

Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten Eckpfeiler in der Verbandsarbeit?

Unbestritten ist: Förderung und Unterstützung der Mitgliedsvereine durch modernes Verbands-Management; Förderung und Unterstützung des Wettkampfsportbereiches vor allem auf Jugendebene und im Amateursport; Ausbau der Angebote für Fitness und Gesundheitsförderung für alle Altersbereiche; Volle Mitwirkung am Ausbau der täglichen Bewegungseinheit in allen Schulformen; Interessensvertretung für die Entwicklung des Gesamtsports in Österreich; Steigerung der Akzeptanz des Vereinssports in allen Gesellschaftsbereichen durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit. Für diese Eckpfeiler gilt es zu arbeiten und die richtigen Rahmenbedingungen zu stellen.

Worauf muss man in Zukunft besonders achten?

Alle Vereine und der Verband leisten tagtäglich irrsinnig viel. Studien geben immer wieder Auskunft darüber, wie wichtig der Vereinssport ist, was er leitet, was er bringt. Das Paradoxe ist aber, dass man trotzdem viel zu wenig kennt. Daher ist mir besonders wichtig, die Darstellung unserer Arbeit und Leistungen bekannt zu machen. Es wird beispielsweise in Zukunft jedes Jahr einen ASKÖ-Leistungsbericht geben, aus denen man gebündelt herauslesen können soll, wie viele Leute wir bewegen, was die herausragenden Aktivitäten sind, oder was wir tun, um möglichst viele Menschen zum Sport bei uns zu bringen.

Daher habe ich keine Bedenken davor, wenn die öffentliche Hand bei Förderungen immer mehr Begründungen und Fakten einfordert. Wir haben genug zu berichten, wir müssen es nur tun. Natürlich muss alles im Rahmen bleiben und darf die Büroarbeit nie wichtiger werden wie die Sportausübung.

Wir brauchen uns zudem nicht verstecken und kleiner machen als wir sind. Ich bin sehr stolz, dass es nach wie vor hunderttausende Menschen gibt, die sich organisatorisch zur Verfügung stellen um den aktiven Sport zu ermöglichen. Ich bin stolz auf die Verbandsfunktionäre im Bund und in den Bundesländern und auf die vielen OrganisatorInnen in den Vereinen, die täglich darum kämpfen, dass der Sport als wichtiger Baustein unserer Gesellschaft anerkannt wird. Besonders stolz bin aber, wenn es uns immer wieder gelingt, vor allem junge Menschen für unsere Anliegen zu gewinnen. Denn das garantiert uns, dass all jene, das unsere Vorgänger vor 125 Jahren aufgebaut haben, auch in Zukunft weiter Bestand haben wird.



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