Arbeiter hatten schon vorher geturnt, jedoch nicht organisiert im Rahmen einer Arbeiterorganisation. Dennoch kommt der Bildung einer eigenen Turnsektion in einem Arbeiterbildungsverein eine besondere Bedeutung zu: Erstmals wurde die Bedeutung, ein Bewegungsangebot in einer unabhängigen Struktur zu organisieren, im Rahmen der Arbeiterbewegung erkannt. Die Turnsektion nahm in der Gumpendorfer Bierhalle und später in der Realschule Marchettigasse ihren Betrieb auf.
Emil Renelt war der Name des ersten Vorturners. Penibel wurde damals eine handschriftliche Besuchsstatistik geführt. Diese wies für den Turnsaal in der Marchettigasse monatlich 4 bis 5 Turnabende aus, Ferienzeiten oder Urlaub gab es nicht. Weder für die Turner und auch nicht für die Arbeiter. Im Schnitt besuchten 45 Turner diese Sportangebote.
Am 2. Juli 1894 bildete die Turnsektion der Mariahilfer Turner den selbständigen „Allgemeinen Turnverein Wien“. Sie blieben nicht lange der einzige Arbeiter-Turnverein. Am 2. Februar 1896 wählten die mehrheitlich der Arbeiterschaft angehörenden Mitglieder des bereits seit 1885 bestehenden „1. Neulerchenfelder Turnvereins“ den bestehenden Vorstand ab und traten in der Folge aus der „Deutschen Turnerschaft“, dem Verband der Nationalen Turnvereine aus. Noch im selben Jahr entstand in Floridsdorf unter Mithilfe des Allgemeinen Turnvereins der „Allgemeine Arbeiter-Turnverein Floridsdorf“.[1] 1899 wurde auch in der Wiener Leopoldstadt zur Gründung eines Turnvereins aufgerufen.
[1] Krammer 22f