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Der Weg zur ersten Arbeiterorganisationen

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Die Arbeiterschaft lehnte sich zunächst an die deutsch-nationale Bewegung an. Mit den Deutsch-Nationalen verband die Arbeiter die Ablehnung des Klerikalismus, also des großen Einflusses der katholischen Kirche auf Staat und Gesellschaft. 1882 entstand in Linz ein Grundsatzprogramm der deutschnationalen Bewegung in Österreich, an dem auch führende Köpfe der Arbeiterbewegung mitarbeiteten. Viele sozialpolitische Forderungen der Arbeiter, die von Viktor Adler und Engelbert Pernerstorfer vertreten wurden, flossen in das Programm ein.

Durch einen der Anführer der Deutsch-Nationalen, den Gutsbesitzer Georg Ritter von Schönerer erhielt die Bewegung in den folgenden Jahren aber eine immer stärker anti-semitische Ausrichtung. Er lehnte die Einbindung von Juden in das gesellschaftliche Leben rundweg ab und sah für deutsch-nationale Vereine das Verbot der Betätigung von jüdischen oder jüdisch-stämmigen Menschen vor. Die Arbeiterbewegung wandte sich in der Folge von den Deutsch-Nationalen ab und gründete Ende der 1880er Jahre beim legendären Parteitag in Hainfeld ihre eigene Partei. Es war vielleicht kein Zufall, dass gerade Viktor Adler die Leitrolle dieser Einigung zukam, ein jüdischer Arzt, der sich als solcher besonders den Armen annahm, die sich medizinische Behandlung kaum leisten konnten.

Die sozialdemokratische Partei gewann in den folgenden Jahren zunehmend an Organisationskraft. Aus den Arbeiter-Bildungsvereinen entwickelten sich im ganzen Land Parteiorganisationen und der Partei nahestehende Vereine, die viele Bereiche des kulturellen Lebens abdeckten. Arbeiter, die sich bereits in Sportvereinen engagiert hatten, blieben vielfach zunächst in ihren angestammten Vereinen. Im gleichen Ausmaß, in dem die stark nationale Ausrichtung der Turner zunahm, wandten sich die zunehmend in der sozialdemokratischen Partei organisierten Arbeiter von den „deutschen“ Turnvereinen ab.

Der Sportverein als politische Organisation

Die Arbeiterturnvereine, die in der Folge entstanden, waren ganz klar politisch ausgerichtet. In einem Rückblick auf diese Gründerzeit sagte Engelbert Zölch, einer der Pioniere dieser Jahre, 1919: „So wie einst Jahn die Leibesübungen volkstümlich machen wollte, damit das deutsche Volk erstarke, die Fremdherrschaft abzuschütteln, so erstreben wir durch die Turnkunst unser Volk zu erstarken, damit es das Joch des Kapitalismus abschütteln könne“.[1] Die meisten Arbeitersportvereine entstanden aus dem Engagement von Gewerkschafts- und Parteifunktionären der Sozialdemokratischen Partei; fast alle Vereine beteiligten sich in der einen oder anderen Form an den Aktivitäten der damals in Österreich enorm an Kraft gewinnenden Sozialdemokratischen Bewegung. Turnen und Sport war aber mehr: Es sollte auch mithelfen, einen neuen Menschen zu erziehen, der sich aus der Demütigung der schlecht bezahlten Arbeit und des Notstandes befreuen konnte. Wilhelm Strahringer, einer der Pioniere der ersten Jahre schrieb damals:

Der Grundsatz, daß Arbeiter nur wieder durch Arbeiter und Arbeitervereine erzogen werden können und sollen, muß sich mehr als bisher Geltung verschaffen. Neben der körperlichen Erziehung wird es in Zukunft unsere Aufgabe sein, unsere Jünglinge auch in der allgemeinen Bildung weiterzubringen und sie nicht bloß körperlich zu gesunden, sondern auch zu geistig gut entwickelten Menschen zu machen. Die erste Stelle wird die körperliche Erziehung einnehmen, doch darf die körperliche Erziehung nie Selbstzweck werden, sondern Anregung zu einer naturgemäßen Lebensweise.[2]

[1]     Zitiert nach: 70 Jahre Arbeitersport in Österreich 28

[2]     70 Jahre Arbeitersportbewegung, 22


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