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Der Präsident im Interview

Präsident Hermann Krist, Foto: Eventfoto 06 04 001 Hermann Krist.jpg

Im Jänner 2014 wurde Hermann Krist, SPÖ Nationalratsabgeordneter und Sportsprecher im Parlament, als sechster Präsident der ASKÖ Bundesorganisation, dem zentralen Führungsorgan der Arbeitersportbewegung, gewählt. Der Oberösterreicher, zuvor bereits im Präsidium des ASKÖ Bundes und auch der ASKÖ OÖ, kennt die Organisation schon seit seiner Jugend als Fußballer im örtlichen Sportverein. Gemeinsam mit den Vizepräsidenten Gerhard Widmann (Finanzen), Christian Hinterberger (Sport), Petra Huber (Fitness und Gesundheitsförderung), Christoph Schuh (Marketing) sowie Generalsekretär Michael Maurer hat sich Hermann Krist daran gemacht, den Verband weiter zu entwickeln und für die Aufgaben der Zukunft fit zu machen. Wie, das erklärt er im Folgenden.

Hermann, was bedeutet es für dich, ASKÖ Präsident zu sein?

Ich stamme aus einer klassischen Arbeiterfamilie. Mein Vater war Spengler, meine Mutter Fabriks(schicht)arbeiterin und so war mein Weg irgendwie vorgezeichnet. Meinen Wunsch, irgendetwas mit Metall zu lernen, konnte ich mir als Maschinenschlosser erfüllen. Als Metaller wurde ich Jugendvertrauensrat, Betriebsrat und hochrangiger Gewerkschaftsfunktionär. In der Gemeindearbeit Gewerkschaftsjugendobmann, Gemeinderat, Vizebürgermeister, Bezirksvorsitzender und Nationalrat. Der absolute Höhepunkt ist ohne Zweifel die sehr ehrenhafte Funktion als Präsident die große und erfolgreiche ASKÖ anführen zu dürfen. Ein wunderbares Gefühl, eine große Verantwortung und Herausforderung, die ich aber sehr gerne annehme.

Wenn man sich die lange Geschichte des Arbeitersports ansieht, dann erkennt man, dass es immer wieder große gesellschaftliche Umbrüche gegeben hat, auf die sich unsere Sportorganisation jeweils einstellen musste. Egal, ob es die schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen für die Menschen vor 125 Jahren, die beiden Weltkriege, die Zeit im Untergrund oder die Aufbruchsstimmung der letzten Jahrzehnte waren. Immer hat die Arbeitersportbewegung Antworten gefunden und hat sich im wahrsten Sinne des Wortes nicht unterkriegen lassen. Im Gegenteil, der Arbeitersport hat jeweils aus eigenem Antrieb aktiv zu einer gedeihlichen Entwicklung der Gesellschaft beigetragen. Denken wir an die Arbeiterturner, die den Menschen Freude und Ablenkung in der kargen Freizeit aber auch mehr Fitness für den schweren Arbeitsalltag gegeben haben. Denken wir an die Arbeiterradfahrer, die in den Gasthäusern des Landes erste Servicestellen für Pannen eingerichtet haben. Oder denken wir an die Naturfreunde, die von Anbeginn für Wanderwege oder Sicherheit in der Bergwelt verantwortlich zeichneten. Das alles ist für uns auch in der heutigen Zeit das klare Signal, weiter die gesellschaftlichen Entwicklungen zu beobachten und zu versuchen, uns bei Sport und Bewegung, Fitness und Gesundheit positiv einzubringen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass sich unser Land ohne die Sportverbände und die lokalen Sportvereine nie so prächtig entwickeln hätte können. Das herausragende Engagement von Menschen in den verschiedenen Sportorganisationen - aktiv als SportlerInnen oder organisierend in der FunktionärInnen-Tätigkeit - brachte unserer Gesellschaft bisher einen unbezahlbar großen Mehrwert. Diesen Mehrwert wollen wir in Zukunft nicht nur aufrecht erhalten, nein, wir müssen ihn mit entsprechenden Angeboten weiter ausbauen.

Was kommt auf den Verband zu?

Wenn ich vorher von gesellschaftlichen Veränderungen gesprochen habe, dann muss man feststellen, dass dies derzeit wieder der Fall ist. Österreich hat die Entwicklung zum Wohlfahrtsstaat hinter sich, es gibt zum Glück kaum mehr Unterschiede von Arbeitern und  Angestellten. Aber zur Zeit müssen alle Gesellschaftsbereiche mehr damit kämpfen, das erreichte Niveau zu halten, als es weiter auszubauen. Beispiele: die öffentlichen Förderungen (Land, Gemeinden, Sponsoren) stagnieren insgesamt oder gehen zum Teil dramatisch zurück. Dazu kommen neue Gesetze und Regelungen, die den Sport umfassen und auch belasten. Beispiele sind die Registrierkassenpflicht, steuerrechtliche Neuerungen oder die PRAE (=pauschale Reiseaufwandsentschädigung). Oder denken wir daran, dass die Digitalisierung in allen Lebensbereichen nicht mehr aufzuhalten ist. Dem müssen wir uns auch stellen. Im Sport selbst ist eine immer stärkere Polarisierung zwischen dem immer kommerzieller werdenden Spitzensport und dem Breitensport festzustellen, ohne dass sich die meisten Leute darüber im Klaren sind, dass das eine ohne dem anderen nicht funktioniert. Sport und Bewegung ist mittlerweile für alle Interessierten zugänglich, daher muss es auch für alle entsprechende Angebote geben. Die Notwendigkeit, unsere Kinder in der Schule täglich zu bewegen, möchte ich gar nicht oft genug erwähnen. Übergewicht und Fettsucht hinterlassen nachweislich irreparable Schäden, es geht um die Motivation für ein sportlich-aktives und gesundes Leben.  

All dies zeigt auf, dass wir sehr viel zu tun haben, um den Verband und die Vereine für die Mitglieder weiterhin zukunftsfit und attraktiv aufzustellen. Der Zulauf sportinteressierter Menschen, von Jung bis Alt, darf nicht abreißen.

Was waren die ersten Schritte, als du Präsident wurdest?

Ich habe gemeinsam mit dem Vorstand die Gremienstruktur und -arbeit in der Bundesorganisation geändert bzw. intensiviert. Die Öffentlichkeitsarbeit wurde modernisiert und verstärkt. Mir ist klar: Wenn wir uns intern nicht gut abstimmen, werden wir nach außen nicht die vorhandenen PS auf die Straße bringen. Wir arbeiten an einem umfassenden Jahres-Leistungsbericht, weil es immer wichtiger wird, ausreichend darzustellen, was wir tagtäglich in ganz Österreich leisten. Deshalb haben wir z.B. 2015 die Bundesgeschäftsstelle mehr ins Wiener Zentrum verlegt, um näher bei den zentralen Entscheidungsträgern zu sein. Gleichzeitig sind wir mit den Bundes-Präsidiumssitzungen und Tagungen wieder mehr in die Bundesländer gegangen, um unsere Präsenz dort auch zu erhöhen. Wir haben die Verbandszeitung „move“ erneuert, sind in die sozialen Medien gegangen und haben den Kontakt zu wesentlichen Medien verbessert. Mit dem Frühlingsfest der ASKÖ sind wir zudem der Tradition meiner Vorgänger gefolgt, die ASKÖ auch als gesellschaftlichen Treffpunkt zum Netzwerken zu positionieren. Wir haben auch die Vertretung der ASKÖ in Sportgremien wie BSO, ÖOC, ÖPC verstärkt und gemeinsam mit den anderen beiden Dachverbänden die Fit Sport Austria GmbH als gemeinsame Plattform für gesundheitsorientierte Bewegung gegründet.

Welche Herausforderungen warten in Richtung 2018 und die Folgejahre ?

Der 2014 neu gewählte Vorstand hat sich viel vorgenommen, hat nachweislich auch schon sehr viel positiv erledigt und in die Wege geleitet. Wir sind ein riesiges Netzwerk, eine große Sportfamilie, alle neuen Entwicklungen und notwendigen Veränderungen müssen gut vorbereitet und besprochen werden. Das neue Bundessportfördergesetz ist in der Zielgeraden und bringt wieder einige Veränderungen, die umgesetzt werden müssen. Nach nur drei Jahren das zweite Mal ein neues Gesetz zu verhandeln und umzusetzen, ist auch nicht ganz einfach. Es gibt viele neue interne Ideen, Projekte sowie Erwartungshaltungen unserer „Familienmitglieder“, die bei unserer Zukunftskonferenz 2016 gesammelt wurden. Da steht viel Vorbereitungsarbeit in den zuständigen Gremien bevor. Glücklicherweise verfügen wir über eine große Anzahl motivierter und engagierter MitarbeiterInnen und FunktionärInnen in den Landesverbänden, Zentralen Vereinen und der Bundesorganisation. Gemeinsam sind wir ein starkes Team, das viel bewegen kann und wird!

Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten Eckpfeiler in der Verbandsarbeit?

Unbestritten ist: Förderung und Unterstützung der Mitgliedsvereine durch modernes Verbands-Management; Aktive Aus- und Weiterbildungsangebote in allen vereins- und steuerrechtlichen Angelegenheiten, Förderung und Unterstützung des Wettkampfsportbereiches vor allem auf Ebene der Jugend- und Nachwuchsarbeit und im Amateursport; Ausbau der Angebote für Fitness und Gesundheitsförderung für alle Altersbereiche; Volle Mitwirkung am Ausbau der täglichen Bewegungseinheit in allen Schulformen; Interessensvertretung für die Entwicklung des Gesamtsports in Österreich; Steigerung der Akzeptanz des Vereinssports in allen Gesellschaftsbereichen durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit. Für diese Eckpfeiler gilt es zu arbeiten und die richtigen Rahmenbedingungen zu stellen.

Worauf muss man in Zukunft besonders achten?

Alle Vereine, alle FunktionärInnen und der gesamte Verband leisten tagtäglich Unglaubliches. Studien geben immer wieder Auskunft darüber, wie wichtig der Vereinssport ist, welchen Mehrwert er insgesamt bringt, was er der Gesellschaft in Summe zurückgibt, wie wichtig frühzeitig begonnene Bewegung und Sport das Leben generell positiv beeinflussen. Leider medial völlig unbeachtet, weil es nicht um Titel und Medaillen geht. „Breitensport ist nicht sexy!“ – so kommentiert ein namhafter Sportjournalist unsere Arbeit, und das ist das eigentliche Dilemma. Daher ist mir besonders wichtig, die Darstellung unserer Arbeit und Leistungen bekannter zu machen. Sei es über die sozialen Medien, noch stärkere Öffentlichkeitsarbeit, oder den angekündigten jährlichen ASKÖ-Leistungsbericht.

Auch in der Schulbildung muss Bewegung und Sport weit höhere Bedeutung bekommen. „Sport macht schlau!“ – das lässt sich wissenschaftlich ganz klar belegen. Nur müssen dies die Bildungsverantwortlichen in der Politik auch endlich einmal begreifen. Wir arbeiten daran.

Ich habe auch keine Bedenken davor, wenn die öffentliche Hand bei Förderungen immer mehr Begründungen, Fakten und Nachweise einfordert. Wir haben genug zu berichten, wir haben genug zu belegen und nichts zu verstecken, aber auch nichts zu verschenken. Grundsatz muss aber sein und bleiben, das Geld muss dort ankommen, wo es den SportlerInnen und Vereinen direkt und am besten hilft. Administrationsberge müssen abgetragen werden, Projektitis und Evaluierungswildwucher ist zu minimieren. Als Gesamtverband sind wir uns unserer Verantwortung in Verbindung mit einem sorgsamen Umgang mit den öffentlichen Fördermittel bewusst und können diese auch zielgerichtet steuern.

Wir brauchen uns vor niemanden zu verstecken oder kleiner zu machen als wir sind. Ich bin sehr stolz, dass es nach wie vor hunderttausende Menschen gibt, die sich ehrenamtlich zur Verfügung stellen, um den aktiven Sport zu ermöglichen. Ich bin stolz auf die VerbandsfunktionärInnen im Bund und in den Bundesländern sowie auf die vielen OrganisatorInnen in den Vereinen, die täglich darum kämpfen, dass der Sport als wichtiger Baustein unserer Gesellschaft anerkannt wird. Besonders stolz bin ich aber, wenn es uns immer wieder gelingt, vor allem junge Menschen für unsere Ideen und Anliegen zu gewinnen. Denn das garantiert uns, dass die Pionierarbeit unserer ArbeitersportlerInnen, begonnen vor 125 Jahren, auch in Zukunft weiter Bestand haben wird.


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